Deutschland ist im Gasrausch. Die Merz-Regierung verfolgt eine Politik der Gasexpansion, die - falls umgesetzt - unweigerlich einen fossilen Lock-in-Effekt nach sich ziehen würde. Während die rasant eskalierende Klimakrise schon jetzt Todesfälle verursacht, menschliches Leiden hervorruft und wirtschaftliche Schäden mit sich bringt, sollen in ganz Deutschland neue Gasbohrungen, Gaskraftwerke und LNG-Terminals entstehen. Damit treibt die Bundesregierung das Land weiter in die Abhängigkeit von Gas. Was genau passiert?
Gas-Kathi und die Kraftwerke:
Federführend für diesen fossilen Rollback ist eine Person: die Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, Katherina Reiche. Reiche war die letzten fünf Jahre bis unmittelbar vor ihrem Amtsantritt Vorstandsvorsitzende von Westenergie AG, einem Tochterkonzern des Energieunternehmens E.ON, der ein 38.000 km langes Gasnetz betreibt. Die Ministerin bezeichnete schon am Anfang ihrer Amtszeit den Klimaschutz als überbetont, hinterfragte die deutschen Klimaziele und bremst seitdem mit ihrer Politik die Energiewende aus.
Zentrales Problem sind Gaskraftwerke. Im Koalitionsvertrag der Regierung wird der Bau „von bis zu 20 GW an Gaskraftwerksleistung bis 2030” in Aussicht gestellt. Die Ministerin wollte sogar 20 GW bis 35 GW zubauen, was 40 bis 70 neuen Kraftwerken in ganz Deutschland entspricht. Aufgrund der hohen Subventionen, die für so ein Vorhaben nötig sind, hat die EU-Wettbewerbsaufsicht zumindest das Ausmaß dieses fossilen Irrsinns ein wenig gebremst: Deutschland wird höchstens 12,5 GW neue Gaskraftwerksleistung zubauen dürfen. Trotzdem gilt: auch “nur” 12,5 GW neue Gaskraftwerke sind ein brandgefährlicher fossiler Irrweg. Während Erneuerbarer Strom immer günstiger wird, sollen Milliarden aus Steuergeldern ermöglichen, dass die Kraftwerke trotz geringer Wirtschaftlichkeit dauerhaft bereitstehen. Statt die natürlichen Schwankungen von Wind- und Solarstrom mit Großbatteriespeichern auszugleichen, wird eine klimaschädliche Technologie bevorzugt. Versorgungssicherheit wird zum Vorwand für fossile Zerstörung. Die Investitionen in Gaskraftwerke sind nicht nur unnötig, sondern unwirtschaftlich und brandgefährlich.
Drill, Baby, Drill: Bohrprojekte quer durchs Land
Gaskraftwerke sind bei weitem nicht das einzige Problem: Aktuell werden in Deutschland gleich mehrere große Bohrprojekte für Erdgas geplant und umgesetzt. Die Spur der Zerstörung zieht sich quer durchs Land: Von Bayern, über Brandenburg bis in die Nordsee und in Brandenburg.
In Reichling, einem südbayerischen Ort in der Nähe des Ammersees, will das Firmengeflecht um den kanadischen Investor MCF Energy nach Erdgas bohren. Probebohrungen für ein Bohrfeld - welches nur 800 Meter von der Trinkwasserquelle des Ortes liegt - wurden im September 2025 bereits abgeschlossen. Allein diese Bohrung würde 1 Mio. Tonnen CO2 Emissionen verursachen, doch damit nicht genug: es sind neun weitere Gasbohrungen in der Nähe geplant. Die Bayerische Landesregierung weigert sich bislang, diesem Projekt eine Absage zu erteilen, obwohl sie dazu juristisch befähigt wäre.
Das mit Abstand größte fossile Großprojekt ist vor der Nordseeinsel Borkum in Niedersachsen im Gange. Vor Borkum, in unmittelbarer Nähe zum UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer, will der niederländische Konzern One-Dyas ein Gasfeld erschließen, dessen Förderung die Klimakrise mit zusätzlichen 65 Millionen Tonnen CO2 anheizen würde. Und der Konzern hat schon weitere Nordsee-Gasfelder im Blick. Die Bundesregierung genehmigte bereits im Juli das Unitarisierungsabkommen, das Gasbohrungen in der Nordsee den Weg ebnet.
Ein weiteres fossiles Projekt steht in Zehdenick bei Brandenburg an, wo die Firma Jasper Resources GmbH Gasvorkommen ausbeuten will. Derzeit befinden sich die Erkundungsbohrungen in der Genehmigungsphase. Auch im Kreis Sigmaringen in Baden-Württemberg soll nach Erdgas gebohrt werden. Dort hat die Afton Energy Ltd. aus Australien einen Antrag für eine kommerzielle Gasförderung gestellt. Die Ausbaupläne zeigen: Statt auszusteigen, wird in Deutschland in großem Umfang neu in Gas investiert. Statt die Energiewende zu ermöglichen, fließen weiter Millionen in klimaschädliche Infrastruktur.
Keine Strandidylle: LNG-Terminals an deutschen Küsten
Der nächste Baustein der rückschrittlichen Klimapolitik der Bundesregierung kommt aus Übersee: Verflüssigtes Erdgas, auch LNG (Liquified Natural Gas) genannt. Der Import von LNG macht Deutschland nicht nur geopolitisch abhängig, sondern hat auch eine katastrophale Klima- und Umwelt- und Menschenrechtsbilanz:
Etwa 80% der deutschen LNG Importe werden aus Fracking in den USA bezogen. Fracking ist eine extrem umweltschädliche Praxis, in der unter enormem Wasserverbrauch ein giftiges Flüssigkeitsgemisch in Gesteinsschichten gepresst wird. Die sozialen Auswirkungen von LNG sind gravierend: Fracking, welches oft in armutsbetroffenen Regionen durchgeführt wird, ist extrem gesundheitsschädlich und verursacht etwa Krebs, Atemwegserkrankungen oder Fehlgeburten.
Die Probleme hören hier aber nicht auf: Für den Transport als LNG muss Erdgas unter hohem Energieaufwand verflüssigt und später wieder in Gas umgewandelt werden. Durch den Transport per Schiff sowie Lecks während der gesamten Förderungs- und Transportationskette werden beachtliche Mengen an Treibhausgasen frei. HIER EIN SATZ ZUR GRÖßE DER EMISSIONEN. Denn LNG besteht zu etwa 98% aus Methan - ein Treibhausgas, was 25-mal schädlicher als CO2 ist.
Ohne Rücksicht auf massive Klima- und Umweltschäden setzt die Merz-Regierung weiter auf den LNG-Ausbau. In Wilhelmshaven an der Nordsee befinden sich gleich zwei schwimmende LNG-Terminals. Weitere schwimmende Anlagen befinden sich an der Elbe in Stade und Brunsbüttel und an der Ostsee auf der Insel Rügen. Stationäre Anlagen sind in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Stade geplant. Anwohnende befürchten nicht nur Einbußen beim Tourismus: Die Terminals leiten Abwässer ins Meer und stören durch ununterbrochenen Lärm und Licht Menschen und Umwelt in der Umgebung.
Trotz hoher Kosten und gefährlicher Konsequenzen haben die derzeit vorhandenen LNG-Terminals eine geringe Auslastung. Der geplante LNG Ausbau gefährdet also nicht nur Menschenrechte und die deutschen Klimaziele - er ist zu allem Überfluss auch noch völlig unnötig.
Die Sucht: Gas-Abhängigkeiten vom Heizen bis zur Industrie
Dass wir aus allen fossilen Energieträgern inklusive Gas schnellstmöglich aussteigen müssen, um unsere Zukunft zu bewahren, ist eindeutig. Doch klar ist auch: Deutschland ist aktuell von Gas abhängig. Deutschland zählt weltweit zu den 10 größten Gasverbrauchern. Erdgas ist allgegenwärtig: Es wird zum Heizen, zur Stromerzeugung und in der Industrie eingesetzt. Rund jeder zweite Privathaushalt verwendete Erdgas zum Heizen und Erdgas machte 2024 etwa 15 % des deutschen Strommixes aus. In der Industrie entfällt etwa ein Drittel der verbrauchten Energie auf den fossilen Energieträger Erdgas.
Dabei sind die Alternativen längst vorhanden: SATZ WELCHE TECHNOLOGIEN. Die Bundesregierung muss diese mit einer sozial gerechten Klimapolitik unterstützen, statt Deutschland weiter in die Gas-Sucht zu treiben.